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Zwei legale Tricks machen Großvermieter noch reicher

Wenn das Finanzamt die Ungleichheit fördert: Dank Lücken im Steuerrecht profitieren vermögende Vermieter doppelt.

Reich sein ist schön. Immobilienmilliardär sein ist noch schöner. Sogar beim Ausfüllen der Steuererklärung. Wer nicht völlig falsch beraten wird, kommt als Immobilienmilliardär nur auf einen Steuersatz von rund 17 Prozent. Das rechnet die Nichtregierungsorganisation "Netzwerk Steuergerechtigkeit" in einem neuen Jahrbuch vor, das am Mittwoch (4.3.) erschienen ist.   Ein Unternehmen, das nicht nur Wohnungen vermietet, muss seine Gewinne dagegen mit rund 30 Prozent versteuern.

Immobilienunternehmer profitieren vor allem von zwei Steuerregeln.

Erstens:    Sie müssen auf ihre Mietgewinne keine Gewerbesteuer zahlen, anders als andere Firmen, die Apps programmieren oder Kühlschränke bauen. Bei denen macht die Gewerbesteuer durchschnittlich die Hälfte der rund 30 Prozent Steuern auf Unternehmensgewinne aus, der genaue Wert schwankt von Kommune zu Kommune.

Zweitens:    Gewinne durch steigende Immobilienpreise sind steuerfrei, wenn privat gehaltene Wohnungen nach zehn Jahren oder später weiterverkauft werden. Je nach Lage waren die Wertsteigerungen erheblich, in Städten wie Köln und München haben sich die Preise über zehn Jahre gesehen verdoppelt - auch wenn sie zuletzt gefallen sind. Wenn aus 50 Millionen Euro Immobilienvermögen durch die steigenden Preise 100 Millionen Euro geworden sind und dann verkauft werden, sieht das Finanzamt von den 50 Millionen Euro Gewinn keinen Cent.

Stecken Vermögende dagegen die 50 Millionen in Aktien, müssen sie die Gewinne daraus vereinfacht gesagt mit rund 18 Prozent versteuern. Daher gibt es einen steuerlichen Anreiz für Vermögende, nicht in den Kapitalmarkt zu investieren, sondern bestehende Wohnungen aufzukaufen. Das Finanzamt belohnt also den Immobilienerwerb und bestraft andere Investitionen. Diesen Anreiz hält Christoph Trautvetter vom Netzwerk für falsch. "Das ist sinnlos und schädlich", sagt er. "Das Geld fließt in Bestandsimmobilien, nicht in Neubau. Das hilft der Gesellschaft überhaupt nicht."

Das Steuerrecht ließ also zusätzliches Geld in einen Markt fließen, der in den vergangenen Jahren bereits sehr gefragt war. Ein Teil der hohen Immobilienpreise dürfte daher auch auf das Steuerrecht zurückzuführen sein. Und andererseits fehlte dieses Kapital, mit dem Bestandswohnungen gekauft wurden, dann anderswo, zum Beispiel bei Start-ups.

Trautvetter fordert, die Ausnahme von der Gewerbesteuer und die Nichtbesteuerung der Wertsteigerungen bei Immobilien zu streichen. "Wir schätzen die Kosten für diese zwei gröbsten Ungerechtigkeiten langfristig auf etwa zehn Milliarden Euro pro Jahr." Zum Vergleich: Das Bundesbauministerium kommt derzeit auf einen Etat von rund sieben Milliarden Euro. Wenn Deutschland Immobilienmilliardäre gerecht besteuere, so Trautvetter, könnte mit dem Geld der Erwerb von Wohneigentum und der Bau von Sozialwohnungen gefördert werden.

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit schätzt, dass es etwa zehn Personen gibt, die in Deutschland Immobilien im Wert von mehr als einer Milliarde Euro besitzen. "Wer mehr als 10 000 oder 15 000 Wohnungen in Deutschland besitzt, dürfte ein Immobilienmilliardär sein", sagt Trautvetter. Dazu kommen noch Vermögende mit weniger Wohnungen, diese besitzen zusammen rund fünf Millionen der 23 Millionen Mietwohnungen in Deutschland.

Vermögende sind damit viel häufiger Vermieter als die öffentlich umstrittenen börsennotierten Immobilienkonzerne. Das ist aber nur eine grobe Schätzung des Netzwerks Steuergerechtigkeit, schon allein, weil die neusten offiziellen Statistiken zum Wohnungsmarkt von 2011 und damit selbst für amtliche Daten recht alt sind.

Die allermeisten Mietwohnungen in Deutschland gehören Eigentümern, die eine oder wenige Einheiten vermieten, die also sehr weit entfernt sind von einem Milliardenvermögen. Diese Vermieter profitieren nicht von der Gewerbesteuerfreiheit und müssen ihre Mieteinnahmen deutlich höher versteuern als die 17 Prozent, die Immobilienmilliardäre erreichen. Allerdings sind für alle Eigentümer die Gewinne steuerfrei, wenn sie ihre Immobilie nach zehn Jahren verkaufen.

Man muss aber dazu sagen: Die 17 Prozent gelten für die Gewinne der Immobilienfirma. Schüttet sich der Eigentümer Einkommen aus dem Firmengewinn aus, werden darauf noch mal Steuern fällig. Christoph Trautvetter sieht hier trotzdem ein Gerechtigkeitsproblem. Mit dem im Vergleich zu anderen Unternehmen gering besteuerten Gewinn aus Mieten können immer weiter Wohnungen aufgekauft werden - oder das Geld wird in der Firma gespart. In den Bilanzen eines Familienunternehmens, das sein Geld mit Immobilien macht, entdeckte das Netzwerk Steuergerechtigkeit recht viel Erspartes: Mehr als 90 Millionen Euro "flüssige Mittel" stehen in der Bilanz. "So wird Vermögensaufbau für Superreiche und deren Kinder subventioniert", sagt Trautvetter.

 

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